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24/07/25, 14:00
Wiederaufbauplan Gesundheit
Acht Jahre Familienzentrierte Pflege in Südtirol
Vor knapp acht Jahren startete der Südtiroler Sanitätsbetrieb in der Hauskrankenpflege im Gesundheitssprengel Unterland ein innovatives Projekt, das heute als wegweisend gilt: die Familienzentrierte Pflege. Eine Pressekonferenz im Sprengel Neumarkt widmete sich heute (24.07.) diesem Thema.

Ein innovativer und moderner Ansatz

Was als Pilotprojekt im Hauskrankenpflegedienst im Unterland begann, hat sich inzwischen zu einem Versorgungsansatz für alle Sprengel entwickelt – getragen von einem klaren Ziel: die Lebensqualität älterer Menschen und deren Familien nachhaltig zu stärken.
Familienzentrierte Pflege bietet konkrete Unterstützung, so dass die Patientin oder der Patient so lange wie möglich im Familienverband in gewohnter Umgebung leben kann und trotzdem optimal versorgt wird.

Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Das Durchschnittsalter chronisch kranker Menschen liegt bereits bei fast 63 Jahren, und der Anteil älterer Menschen wächst stetig. Gleichzeitig wird deutlich, dass Gesundheit, Behinderung, Krankheit und Pflege immer auch das soziale Umfeld betreffen. Die Familienzentrierte Pflege orientiert sich deshalb an den internationalen Empfehlungen der WHO („Health for all in the 21st century“, der Deklaration von München 2000) und am systemischen, lösungsorientierten Ansatz von Wright und Leahey (Calgary Assessment und Intervention Model). Ziel ist ein besseres Symptommanagement, Entlastung der pflegenden Angehörigen und eine nachhaltige Förderung der Familiengesundheit. Familienzentrierte Pflege garantiert dazu Begleitung, Betreuung, Beratung und Schulung ebenso wie Wegweiser- und Netzwerkfunktion im Gesundheitsbereich.

Ausbildung für Familien- und Gemeinschaftskrankenpflege

Dem Start des Pilotprojekts im Unterland 2017 ging ein erster dreijähriger Spezialisierungslehrgang für Familien- und Gemeinschaftskrankenpflege am Universitären Ausbildungszentrum für Gesundheitsberufe Claudiana in Bozen voraus, der in der Zwischenzeit drei weitere Auflagen erfahren hat. Die eigentliche Implementierung im Hauskrankenpflegedienst Unterland erfolgt durch ein zweijähriges, umfassendes Weiterbildungskonzept: sechs Schulungstage für das Pflegeteam im ersten Jahr, begleitet von Briefings und Coachings mit spezialisierten Familien- und Gemeinschaftskrankenpflegerinnen, sowie Reflecting Teams zur Umsetzungsbegleitung im zweiten Jahr.

Entscheidend ist dabei eine neue Grundhaltung: Weg von hierarchischen Strukturen, hin zu echter Zusammenarbeit mit den Familien, die als Expertinnen ihres Alltags und ihres Krankheitserlebens gesehen werden. Die Krankenpflegerin arbeitet sowohl mit den Betreuten als auch mit der Familie und übernimmt diese als Einheit.

Pflege auf Augenhöhe mit den Familien

Generaldirektor Christian Kofler erläuterte bei der Pressekonferenz, dass dieses Konzept die Entwicklungen des Staatlichen Wiederaufbauplanes PNRR im Ausbau der wohnortnahen Versorgung vorweggenommen habe. „Es kann aufgrund der bestehenden Versorgungsbedürfnisse dynamisch weiterentwickelt werden und trägt im hohen Maße zur Zufriedenheit der Betreuten und deren Familien und zur Kompetenz, Motivation und Resilienz der Krankenpflegerinnen und -pfleger in den Hauskrankenpflegeteams bei.“

Pflegekoordinatorin Susanne Quircio betonte den Paradigmenwechsel: „Pflege heißt nicht nur Krankheit managen, sondern Beziehungen gestalten – auf Augenhöhe mit den Familien.“ Im Kern geht es darum, eine „sichere Bucht“ (BAIA-Konzept) zu schaffen: einen Raum, in dem die Betreuten und die Familien mit den Krankenpflegerinnen und -pflegern gemeinsam Strategien entwickeln, um dem „Sturm“ einer chronischen Krankheit zu begegnen. Ein Ansatz, der heute aktueller ist, denn je – und den Blick konsequent auf das richtet, was wirklich zählt: den Menschen in seinem sozialen Umfeld zu unterstützen.“

Pflegedienstleiterin Elena Battisti erklärte: „Durch den Ansatz und die Instrumente der familienzentrierten Pflege werde die Situation der Betreuten und der Familien besser erfasst und Zusammenhänge und Ressourcen erkannt, die früher nicht gesehen wurden. Damit fühlen sich die Familien ernst genommen, gesehen und gehört und die Krankenpflegerinnen bewegen sich, trotz aller bestehenden Herausforderungen, in der Betreuung sicherer.“

Präventive Hausbesuche

Aufbauend auf die Implementierung der familienzentrierten Pflege im Hauskrankenpflegedienst Unterland, wurde in der Gemeinde Aldein ein zusätzliches Pilotprojekt gestartet: bei der Bevölkerung über 65 Jahre, unabhängig ob krank oder gesund, führten drei spezialisierte Familien- und Gemeinschaftskrankenpflegerinnen präventive Hausbesuche durch. Dabei vertieften sie mit den Betroffenen und mindestens einem Familienmitglied in einem gemeinsamen Gespräch Themen zum gesunden Altern, erhoben frühzeitig eventuelle Risikofaktoren, gaben hilfreiche Informationen zu den Gesundheitsdiensten und boten Unterstützung bei Entscheidungsfindungen an.

Siglinde Rottensteiner, Stabstelle für die wohnortnahe Versorgung und Projektbegleiterin, unterstrich die Bedeutung dieses Pilotprojekts: „Ausgehend von diesen Erfahrungen und den Ergebnissen der Begleitstudien ist in der Zwischenzeit der Ansatz der Familienzentrierten Pflege in fast allen Hauskrankenpflegediensten des Südtiroler Sanitätsbetriebes eingeführt und auch der Ansatz der präventiven Hausbesuche weiterentwickelt worden. Die Erfahrungen in der Gemeinde Aldein haben gezeigt, dass das derzeitige Versorgungskonzept für die Bevölkerung über 75 präventiv ausgerichtet werden muss, um nachhaltig zu sein.“ Dementsprechend wird in den nächsten 3-4 Jahren auch die schrittweise Umsetzung der präventiven, familienzentrierten Hausbesuche mit Schwerpunkt Gesundheitsförderung und Prävention auf die Gesundheitssprengel des Südtiroler Sanitätsbetriebes ausgedehnt werden.
Das Unterland, Passeier, Klausen und Bruneck sind als erste Sprengel bereits damit gestartet.

Ein nachhaltiges Konzept

Pflegedirektorin Marianne Siller hob hervor, dass der Südtiroler Sanitätsbetrieb dank des enormen Einsatzes und der gebündelten Kräfte der Krankenpflegerinnen der Sprengel, der spezialisierten Familien- und Gemeinschaftskrankenpflegerin, der Sprengelkoordinatorinnen, der territorialen Pflegedienstleiterinnen und der Projektbegleitung mit der Familienzentrierten Pflege über ein praxistaugliches, proaktives und nachhaltiges Konzept verfügt.

Gesundheitslandesrat Hubert Messner betonte die große Wertschätzung, die er Pflegeberufen entgegenbringe. Besonders in der wohnortnahen Betreuung komme der Pflege eine zentrale Bedeutung zu. Mit der Familienzentrierten Pflege werde ein innovatives Vorreiterprojekt umgesetzt, das zeige, wie wichtig eine an den Bedürfnissen der Menschen orientierte Versorgung sei.

Mithilfe dieses Pflegeansatzes kann es gelingen, nicht nur die krankheitsbedingten Symptome zu lindern, sondern auch die Last für die Betreuenden zu verringern, und eine bessere Lebensqualität für alle zu ermöglichen.

Presse-Informationen:
Abteilung Kommunikation, Südtiroler Sanitätsbetrieb

Download Video
Allgemeine Aufnahmen & Schnittbilder der Pressekonferenz

Interview Landesrat Hubert Messner
https://we.tl/t-2BUbD2clOp

Interview Margarete Mur Hainz
https://we.tl/t-MX89sVnb1I

Interview Siglinde Rottensteiner
https://we.tl/t-jrso4KaF1r


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